Prolog am Samstag
Sie lag auf dem Rücken in ihrem großen Bett. Sie bewegte sich
nicht, lag ganz still. Wie einen Geist, fühlte sie die Berührungen
einer warmen Hand an ihrem Hals und dem linken Arm. Seine
Berührungen. Leicht schienen sie auf und ab zu streichen, gaben ihr
ein Gefühl von Sicherheit. Eine leichte Gänsehaut zierte ihren
Körper und ein warmes Kribbeln durchfuhr sie. Sie drehte sich auf
die Seite und das Gefühl war weg. Sie war sehnsüchtig. Sehnsüchtig
nach den wahren Berührungen seiner Finger, seine Küssen an ihrem
Hals. Er war schon lange fort. Ein halbes Jahr. Vor sechs Monaten
ging er fort, ans andere Ende der Welt. Für ein Mädchen vom Land
wie sie, war Australien unvorstellbar weit entfernt und würde es
nicht auf allen Weltkarten verzeichnet sein, hätten man hier in ***
glauben können, dass es gar nicht existierte. Er rief gelegentlich
an. Nur kurz, weil jedes Gespräch teuer war, aber sie genoss es,
seine Stimme zu hören, zu erfahren, wie sein Tag war. Sie skypten
nicht mehr, seitdem ihr Laptop kaputt ging. Die Zeitverschiebung
machte ihnen zu schaffen. Wenn Sie aufstand, ging bei ihm der
Vorherige erst zu Ende.
Sie ging noch zur Schule, noch ein Jahr. Er hatte letztes Jahr sein
Abitur gemacht und ist dann in das lang ersehnte Auslandsjahr
aufgebrochen. Auch wenn sie die Hälfte der Zeit schon überstanden
hatten, war es schwer für sie beide. Nur die Sehnsucht und ihre
gegenseitige Liebe hielten sie noch zusammen.
Der Display ihres Handys leuchtete auf. Eine neue Nachricht.
"Hallo, chérie! Ich habe gerade
auf die Uhr geschaut und
bemerkt, dass du wahrscheinlich
bald schlafen gehen wirst. Ich
wollte dir eine gute Nacht
wünschen. Je t'aime, chérie"
Sie lächelte. Er war perfekt für sie. Seine liebe, süße Art und
seine ruhige Ausdrucksweise färbten langsam auf sie ab. Sie
antwortete.
"Ich liege schon im Bett und
sehne mich nach dir. Der Tag
ging ewig nicht zu Ende, aber
vielleicht kann ich dir das auch
morgen noch erzählen?
Können wir da kurz telefonieren?
Es ist schon zu lang her, dass ich
deine Stimme gehört habe. Du
fehlst mir und ich liebe dich
auch."
Sie legte das Handy wieder bei Seite, kuschelte sich in ihr Kissen
und schloss die Augen. Nur noch 6 Monate, dann würde er wieder
neben ihr liegen und sie könnte mit ihm einschlafen und am Morgen
wäre er noch immer da. Langsam glitt sie in einen seichten Schlaf.
Eine herabfallende Sticknadel hätte sie Wecken können, doch alles
war still.
***
Ich habe ja vor ein paar Wochen mal "angedroht", dass ich immer mal ein paar Ausschnitte aus verschiedenen Geschichten hochladen will und das ist jetzt das erste Mal :)
Ich hoffe sie gefällt euch.
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